AKTION MITMENSCH Wiener Neustadt möchte Ihnen diesmal einen „Schützling“ vorstellen der uns besonders ans Herz gewachsen ist.
Sein Schicksal bzw. das seiner Mutter, der 25-jährigen Frau Halime I., ist – obwohl sicher kein Einzelschicksal – für uns insofern etwas Besonderes, da wir den kleinen Egzon schon vor seiner Geburt „kennenlernten“.
Seine Mutter flüchtete aus dem Kosovo und landete, damals schon schwanger, im Schubhaftgefängnis in Eisenstadt. Als sie dort ihre Schwangerschaft bekanntgab, wurde sie in Handschellen dem Arzt vorgeführt. Nach Bestätigung der Schwangerschaft wurde Frau I. ins Frauennotquartier des Vereins Wendepunkt in Wiener Neustadt gebracht. Das Sozialamt Wiener Neustadt ermöglichte ihr dort vorerst Aufenthalt und Unterstützung.
Die Geschichte von Halime I. aus persönlicher Sicht
Ich bin eine albanische Mutter, komme aus Kosova, einem Teil von Drenica. Nach vielem Leid kam ich nach Österreich, aber auch hier habe ich viel gelitten. Meinen Mann und meine ganze Familie ließ ich im Kosovo zurück. Ich lebe alleine mit meinem Sohn.
Die letzten 10 Jahre waren sehr schwierig für uns Kosovo-Albaner. Aber das Jahr 97/98 war das Schwierigste, weil wir alles verloren, was wir hatten. Im April 1998 floh ich aus dem Kosovo, aufgrund des Krieges, und ich kam nach Osterreich. Ich war schwanger.
Am 12.7.1998 bekam ich im Krankenhaus Wiener Neustadt meinen Sohn. Ich hatte nie im Leben geglaubt, daß ich Kinder haben könnte. Durch die Serben war ich gesundheitlich sehr beeinträchtigt (Giftgas) und ich glaubte nicht, daß ich ein Kind bekommen kann.
Meine Seele tut weh, wenn ich in den Medien sehe, wie die schwangeren Frauen im Kosovo massakriert werden. Die neugeborenen Kinder werden getötet. Das unschuldige Volk, ich habe es selbst gesehen. Wenn ich noch im Kosovo wäre, würden mein Sohn und ich nicht mehr leben, wie viele meiner Familienmitglieder.
Es fehlt an Medizin, Versorgung, Lebensmittel.
Daher bin ich nach Österreich gekommen. Es ist schwierig, in einem anderen Land alleine zu leben. Auch heute noch habe ich gesundheitliche Probleme, unter denen ich seit 8 Jahren leide. Auch wir Kosovo-Albaner sind Menschen. Wir haben keine Rechte und werden getötet, weil wir Albaner sind.
In diesen Jahren ist die Erde des Kosovo rot geworden vom Blut der Albaner. Der andere Teil stirbt durch Kälte und Armut, durch das Leben in den Bergen. Wir verloren alles, aber das Schlimmste ist der Verlust der unschuldigen Menschen. Mit der Hoffnung werden wir leben, weil auch für uns Kosovo-Albaner wird ein Tag kommen, wo wir in unserem Land frei leben werden können. Ich frage mich wann?
Durch diesen Brief bedanke ich mich herzlich beim Frauenarzt im KH Wiener Neustadt, bei der Frauenberatung in Wiener Neustadt, wo mir seit April bis zum heutigen Tage sehr viel geholfen wird, bei AKTION MITMENSCH Wiener Neustadt und einer befreundeten österreichischen Ärztin, die mich bisher auch sehr unterstützt hat.
Frau I. und ihr inzwischen geborenes Kind haben mittlerweile in Wien Unterschlupf gefunden, aber keine finanzielle Absicherung.
„Unser“ Egzon wächst und wächst. Inzwischen ist es sogar seinem Vater gelungen nach Monaten der Ungewissheit um seine Frau und seinen Sohn, den er noch nie gesehen hatte, nach Österreich zu kommen. Es geht ihm alles andere als gut, die Folgen des Krieges haben physische und psychische Auswirkungen. Auch die ungewisse Zukunft seiner Familie machte ihn viel zu schaffen. Momentan sind wir noch in der Lage, ihnen wenigstens finanziell etwas zu helfen.